Der etwas andere Weg zum Großen Möseler
- Eva-Maria Fankhauser
- 29. Juli 2020
- 4 Min. Lesezeit
Schon sehr lange hatte ich ein Auge auf diesen imposanten und beeindruckenden Berg geworfen. Noch wenige Tage vor der Tour saß ich auf der Terrasse der Olpererhütte und habe mich gefragt: "Wann darf ich endlich mal auf diesem traumhaften Gipfel dort drüben stehen?"
Das hat mir dann keine Ruhe gelassen und ich konnte meinen Bruder motivieren, diese Tour endlich mit mir anzugehen. Das Wetter war auf unserer Seite, die Tour eigentlich eh schon längst durchgeplant und die Vorfreude riesig.
Und ich muss noch dazu sagen: Wir haben den Normalweg am Gletscher verlassen bzw. links liegen gelassen und sind stattdessen "direttissima" zuerst auf den Grat zwischen Großer Möseler und Möselekopf (den haben wir noch gleich mitgenommen) und dann zu unserem eigentlich Ziel geklettert.
Der Wecker klingelte nach nur wenig Schlaf um 3.30 Uhr. Aufstehen, kleines Frühstück, die letzten Sachen in den Rucksack packen und los ging's. Um kurz nach 5 Uhr luden wir am Schlegeisspeichersee die Mountainbikes aus dem Auto. Ohne Stirnlampe - es war eh schon hell - und vollbepackt radelten wir in leichtem Auf und Ab den See entlang. Das letzte Stück bis zur Materialseilbahn des Furtschaglhauses nimmt die Steigung etwas zu. Dort angekommen haben wir die Räder abgesperrt und sind direkt weiter bergauf zur Hütte. Im Zick-Zack durch dutzende Almrosen führt der Weg direkt auf die Terrasse des Furtschaglhauses. Direkt dahinter zweigt der Weg rechts zum Großen Möseler ab - ein lustiges Steinmanderl zeigt die Richtung an. Nach einem kurzen Abstieg, geht es gleich wieder bergauf. Man geht über eine Steinmoräne quasi direkt auf das Gipfelmassiv zu. Kurz vorm Gletschereinstieg gelangt man auf ein kleines Plateau. Dort oben kitzeln kurz die ersten Sonnenstrahlen unsere Nasenspitzen. Umringt von unzähligen Bergziegen machen wir eine kurze Pause. Der Magen knurrt und ein Müsliriegel muss her.
Es geht nochmal wenige Schritte hinunter bis man direkt am Gletscher ankommt. Der Schnee ist harsch und wir ziehen uns direkt die Steigeisen an. Angeseilt visieren wir den Westgrat - also den Normalweg - zum Gipfel an. Doch kurz vorm Einstieg auf den Grat, hat es uns doch der Plan B angetan. Wir hatten uns nämlich eine zweite Route überlegt. Und genau die ist es dann auch geworden. Wir folgten dem Gletscher weiter in Richtung Möselekopf. Linksseitig konnten wir den ganzen Spalten gut ausweichen. Allerdings wurde es ziemlich steil. Ohne Steigeisen und Pickel wären wir nicht weit gekommen. Wir stiegen bis zum Grat auf.
Oben angekommen eröffnete sich ein schöner Ausblick in Richtung Südtirol. Wir beschlossen kurzerhand den Möselekopf (3389 m) noch mitzumachen. Vom Grat aus waren es nur etwa zehn Minunten bis zum super aussichtsreichen Gipfel. Eine kurze Rast und unser Ziel vor Augen, stiegen wir wieder zum Grat ab. Kurz ging es noch mit den Steigeisen bergauf bis wir beim Felsen angekommen waren. Ab da erwartete uns eine spannende Kletterei bis zum Gipfelsieg.
Ich muss zugeben: Das war für mich teilweise eine nette Herausforderung. Doch mein Bruder und "best Mountainbuddy" bewies eine Engelsgeduld an der einen oder anderen Stelle, wo ich einfach etwas mehr Überwindungskraft brauchte, als er ;-)
Das freie Klettern meisterten wir am laufenden Seil mit nur sehr wenigen Möglichkeiten zum zusätzlichen Sichern. Alles in allem hat es super geklappt und wir haben eine sehr gute Route über den felsigen Grat gefunden. Aber das ist ganz klar nichts für schwache Nerven und nur mit Klettererfahrung zu empfehlen.
Das letzte Stück ging über einen links und rechts steil abfallenden Schneegrat - sprich ein Fuß vor dem anderen - hin zum Gipfelkreuz. Was für ein überragendes Gefühl! Wir hatten es geschafft und wir strahlten mit der Sonne um die Wette. Ein eisiger Wind direkt am Gipfelgrat ließ und südostseitig ein paar Meter absteigen - von dort aus genossen wir eine windstille, sonnige und vor allem wohlverdiente Gipfeljause. Das Bergpanorama dort oben ist ein Traum. Ich hätte noch ewig dort sitzen können. Aber nach gut einer Stunde schulterten wir erneut unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg bergab - diesmal über den Normalweg.

Abstieg:
Wir hielten uns vom Gipfel abwärts rechtsseitig am ersten Firnfeld, nutzten teils die schneeigen Rinnen quer durchs Blockgestein zum "hinunter rutschen", um flott voran zu kommen. Nach dem zweiten Firnfeld stiegen wir in den Felsgrat ein. Hielten uns aber weiterhin eher rechts und konnten uns immer wieder an Steinmandln orientieren. Wir kamen recht schnell und gut voran. Die Blockkletterei machte uns beiden Spaß. Obwohl man sagen muss, dass das Gestein teils schon sehr brüchig und lose war. Der Abstieg war daher durchaus mit Vorsicht zu genießen - ein Helm ist zu empfehlen. Man folgt aber nicht den ganzen Felsgrat entlang bergab, sondern steigt dann linksseitig wieder in den Gletscher ein. Genau dort, wo wir uns einige Stunden zuvor für den wohl "spannenderen" aber auch längeren und anstrengenderen Aufstieg entschieden hatten. Am Nachmittag war der Gletscher nicht mehr so vereist und die Steigeisen blieben im Rucksack. Ab da gingen wir den selben Weg retour, wie wir aufgestiegen waren.
Beim Furtschaglhaus legten wir nach nur 2 Stunden abstieg eine kurze Rast ein und warfen einen Blick zurück auf unsere coole Tour. Am Talboden angekommen ging es dann mit den Radln retour zum Auto - diese verhältnismäßig kurze Strecke mit dem Rad zu machen, kann ich nur empfehlen. Denn vor allem am Retourweg ist das Mountainbike eine richtig feine Sache.
Tourdaten
Start: Schlegeisspeichersee - Parkplatz ist gratis, Mautstraße kostet 14€
Höhenmeter: 1850 hm
Gehzeit Ziel: ca. 6 Std. (inkl. Möselekopf)
Gut zu wissen: Ohne Hochtourerfahrung, Steigeisen, Seilschaft und Pickel geht da nichts. Als Tagestour ist auch einiges an Kondition vorauszusetzen. Auch ein Helm ist vor allem im losen und brüchigen Gelände zwischen Gletscher und Gipfel sehr wichtig.
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